Keine Angst, für meinen Blog gibt es keine Paywall. Dieser Artikel ist kostenfrei. Aber so werden es nicht mehr viele Inhalte im Netz auf lange Sicht bleiben. Denn: Print kämpft und Digital experimentiert – so könnte man die Entwicklungen der letzten Monate und Jahre zusammenfassen. Große Verlagshäuser verkaufen ihr Inventar um sich stärker zu fokussieren. So möchte bspw. Axel Springer „der führende digitale Verlag“ werden und krempelt das Markenportfolio kräftig um – jahrelange Printkompetenz wurde verkauft (z. B. Hörzu, Bild der Frau) und digitale Kompetenz wurde hinzugekauft (z. B. N24 Media). Die Portfolioanalyse macht in Anbetracht der sich verändernden Werbeeinnahmen absolut Sinn. Das Ziel ist dabei klar: die Verlage müssen ihre Inhalte im Internet monetarisieren, ansonsten schnürt die Digitalisierung ihnen die Luft ab.
Bezahlte Inhalte gibt es mittlerweile auf allen Plattformen: stationäres Internet, mobiles Internet aber auch in Apps für Smartphones, Tablets und SmartTVs. Doch im Internet und in der mobilen Welt waren bis vor kurzem noch sämtliche Inhalte kostenlos. Google, Wikipedia und viele andere Anbieter schenkten den Leuten frei zugängliche Informationen in der farbenfrohen Online Welt. Doch das hat sich geändert, und wird sich in Zukunft noch stärker ändern. Wir müssen uns wohl alle daran gewöhnen, dass gute Inhalte auf allen Plattformen über kurz oder lang etwas kosten werden.
Aber retten die Paywalls, also die Bezahlschranken hinter denen die wirklich interessanten und/oder guten Inhalte verschwinden, wirklich die Verlage? Immerhin gibt es auch Nachteile:
- Die Beschränkung des Zugriffs auf Inhalte geht einher mit einem Verlust von Reichweite und damit verbundenen geringeren Werbeerlösen. Denn nur ein Teil der Leserschaft ist bereit für den Paid Content auch zu zahlen.
- Wenn ich als Paid Content Kunde meine Artikel auf Facebook teile, meine Freunde jedoch nicht zahlender Kunde sind, können Sie den Artikel nicht lesen. Ergo teile ich meine bezahlten Artikel weniger, was es den Verlagen schwerer Macht, ihre Inhalte in den sozialen Medien noch publiker zu machen.
- Es gibt zahlreiche Diskussionen im Netz, welche sich damit beschäftigen die Paywalls zu umgehen. Denn verschiedene IP-Adressen an verschiedenen Standorten oder auch entsprechende Softwarelösungen können so manche Sicherung aushebeln. Dies erhöht die technische Komplexität der Systeme und somit die Aufwendungen der Verlage.
Nichtsdestotrotz bietet Paid Content natürlich auch Vorteile. Dass sich dies herumgesprochen hat, zeigt die Entwicklung der Anzahl von Paid Content Angeboten auf mittlerweile über 70 in Deutschland. Aber welches Paid Content Modell ist das Beste?
Ein prominentes Beispiel ist das Bezahlmodell der Bild. Die oben erwähnte geheime Gehaltsliste der Formel 1 ist ein Paid Content Angebot von Bild Plus. Ich habe auf den Artikel geklickt und konnte plötzlich nur den ersten Satz lesen. Genau in diesem Moment habe ich gemerkt, wie man Nutzer intelligent zum Bezahlen bringt. Bei mir hat es zwar nicht geklappt, aber mit Sicherheit bei genug anderen. Die reichweitenstärkste Zeitung in Deutschland benutzt seit Juni 2013 das am weitesten verbreitete Paid Content Modell „Freemium“. Dies sieht die Bezahlung für exklusive Artikel vor. Im Gegensatz zum Modell „Harte Bezahlschranke“, mit welchem absolut alle Artikel hinter einer Paywall verschwinden, erscheint dieses Modell kundenfreundlicher. Aus Anbietersicht auch völlig logisch. Man stelle sich vor, die Bild verlangt plötzlich für jeden Artikel auf bild.de Geld – die Zielgruppe würde diesen Schritt wohl nicht mitgehen. So kostet der Zugang zu exklusiven Inhalten im Paket BILD plus Digital 4,99 €, BILD Plus Premium 9,99 € und BILD plus Komplett 14,99 € pro Monat.
Doch es gibt Zeitschriften wie bspw. die „The Times“ welche bereits seit 2010 die harte Bezahlschranke betreiben und damit als Pionier in der Branche bis heute Erfolg hat. Zwar hat The Times dadurch fast die Hälfte an Reichweite verloren, jedoch hunderttausende zahlende Digitalabonnenten gewonnen. Sie merken es: die Entscheidung ob oder ob nicht Paid Content ist eine Frage der Wirtschaftlichkeit des Modells bzw. des Break Even Points.
Ein drittes Modell wird als „Metered“ bezeichnet, bei welchem der Nutzer erst nach einer bestimmten Anzahl von gelesenen Artikeln bezahlen muss. So muss man bspw. bei „Die Welt“ ab dem 21. Artikel das Portmonee öffnen.
Es geht jedoch auch ohne Zwang. Wikipedia hat es vorgemacht mit seinen Spendenaufrufen: das Modell „freiwillige Bezahlung“ findet tatsächlich Anhänger. So benutzt die „taz“ keine „Pay-Wall“ sondern eine „Pay-Wahl“. Die bisherigen Einnahmen scheinen nicht allzu schlecht.
Paid Content stellt also einen legitimen Weg für Verlage dar, ihre immer weniger gelesenen Offline-Inhalte Online neu aufleben zu lassen. Zudem gleicht der Onlinenutzer-Zuwachs Offlinenutzer-Rückgänge aus. Doch ob und wenn ja welche Zeitschriften-Paywalls sich mittel- bis langfristig durchsetzen, entscheiden die Leser. Denn die entscheiden über die Glaubwürdigkeit des Onlineartikels. Aktuelles Negativ-Beispiel ist für mich die Berichterstattung zum Unfall von Michael Schumacher. Ohne Quelle oder Pressekonferenz wird nach einer aufmerksamkeitsstarken Headline gesucht, welche die Klicks auf die Zeitschriften-Homepage sicherstellt und somit zum einen die Werbeerlöse auf der Seite erhöht sowie zum anderen die Wahrscheinlichkeit zum Abgreifen von Paid Content Nutzern. An sich legitimes Vorgehen von gewinnorientierten Unternehmen – doch nicht immer ethisch vertretbar wie in diesem Fall. Deshalb bin ich der Meinung, dass nur attraktive Inhalte mit hohem „Lesewert“ in Verbindung mit einfach zu nutzenden und transparenten Paid Content Modellen die Inhalte zu sein scheinen, welche sich in Zukunft leisten können, hinter einer Paywall zu verschwinden.